„Es kommen bessere Tage“, stand am Dienstag auf meinem Abreißkalender. Manchmal lassen mich diese Sprüche lächeln. Oder nicken. Dieser aber ließ mich leicht missgestimmt zurück.
Heute ist wieder so ein Tag. Bin viel zu früh wach geworden. Mit einem dicken Kopf. Verlegen? Wetterfühlig? Alkohol? Kann nicht die Ursache für meine Kopfschmerzen sein. Es gab nämlich gestern keinen.
Ok, denke ich. Frische Luft wird helfen. Also ziehe ich, natürlich erst nach einem dampfenden Cappuccino, die Laufklamotten an. Und gehe raus. In den Stadtwald. Ganz schön frisch heute. Nur knappe 12 Grad. Und das an einem frühen Morgen im August. Mitten in Deutschland. Ich trabe los. Rieche den unverkennbaren Geruch der Wildschweine. Und der ist eher unangenehm. Eine üble Mischung aus Sellerie, Maggikraut und nassem Tierfell. An vielen Stellen strömt diese olfaktorische Herausforderung aus dem dichten Unterholz. Und ich sehe die Spuren des Schwarzwilds. Wie sie mit spitzem Maul den feuchten Waldboden nach Nahrhaftem durchpflügt haben. Hier ist die Erde satt braun. Daneben ist alles schön grün. Dank reichlich Regen in den vergangenen Wochen. Das ist wohl mal wieder so ein typisch „deutscher“ Sommer. Oder – wie meine spanische Schwiegermama immer sagte: „Ach, im August regnet es bei Euch ja eh!“ Also in diesem Jahr hat sie recht. Mein Weg führt mich weiter. Jetzt durch die große Wiese. Ich spüre etwas Sonnen-Wärme auf meinen Schultern. Manchmal schafft sie es, durch die schnell dahin fliegenden Wolkenfetzen, ihre wärmenden Strahlen zu schicken. Komisch denke ich – da oben scheint es ordentlich windig zu sein. Hier unten, wo ich gerade laufe, bewegt sich außer dem Schotter unter meinen Sohlen und mein Körper, kein Grashalm. Vereinzelt zirpen die Grillen, fliegen Vögel auf. Ruhig ist es heute. Die Flugzeuge des nahen Airports nehmen wohl eine andere Route. Und den Frühsportlern und Gassi-Gängern ist es vielleicht zu früh oder zu frisch. Gut so! Mehr Platz und Ruhe für mich. Ich lasse mich gehen. Ja, meine Füße und Beine gehen mich. Dabei genieße ich die frische Luft beim Einströmen in der Nase. Und spüre, wie sich langsam der Nebel in meinem Kopf lichtet. Der Sauerstoff alle Zellen meines Körpers erfrischt. Aufweckt. Belebt.
Da blitzt wieder der Satz „Es kommen bessere Tage.“ in mir auf. Ja, so kann frau denken. Muss sie aber nicht. Geht es doch im Leben nicht darum, auf bessere Tage zu warten. Sondern jeden Tag zum besten zu machen. Nämlich so gut, wie es heute geht. Während ich so laufe, schüttle ich gefühlt den Kopf. Nee, der Spruch ist nicht gut. Denn die Fortsetzung lautet: „Samstag und Sonntag.“ Heute ist Dienstag. Und nein, ich möchte nicht noch vier Tage warten, bis „vermeintlich“ bessere Tage am Wochenende kommen. Heute ist mein Tag. Und ich mache ihn zum Besten. Heute.
Zu Hause angekommen, sind die Kopfschmerzen wie weggeblasen. Sofort laufe ich zum Schreibtisch und kritzele mit einem dicken grünen Stift die Aufschrift des Kalenders zu. Und schreibe mit einem noch dickeren roten Stift darüber: Heute ist mein bester Tag!
Und morgen auch. Und am darauffolgenden auch. Liegt es doch an mir, was ich daraus mache.
Ich habe noch gar nicht auf den Geruch von Wildschweinen geachtet. Dabei gibt es hier auch ziemlich viele.
😀 Du hast wirklich Glück, denn du hast es in meinen DreimalDrei-Monatsrückblick auf sabienes-welt.de geschafft!
LG
Sabiene