Daria ist verwirrt. Vorhin, als wir beide uns trafen, sagte ich: "Die Verbindung ist gut." Und meinte die gewählte S- und U-Bahn Verbindung. Jetzt, nachdem wir mit unserer Freundinnenrunde beisammen sind, sagt Kerstin voller Begeisterung: "Oh, unsere Verbindung ist gut …". Meint aber die zu ihrer älteren Schwester.
Vor einigen Wochen saß ich freitagabends am Rechner. Bereits zum 50. Mal lud – wow, was für ein Jubiläum – Anna Schreibende ein, mit ihr gemeinsam genau das zu tun, nämlich zu schreiben. Und zwar da, wo wir gerade sind. Zu Hause, im Wohnmobil am Strand, im Café oder sonst wo. Was es dazu braucht: WLAN, ein Bild- und tongebendes Gerät, Tastatur oder Stift und Papier. Jeder schreibt für sich, an seinem Ding. Oder lässt aus dem Impuls, den Anna gibt, einen Beitrag entstehen.
Das Wunderbare an dieser Zusammenkunft: Unsere Verbindung! Wir "kennen" uns nur online. Und trotzdem herrscht eine so wunderbare Atmosphäre. Dank Anna Koschinski, unserer frisch, fröhlichen, geistreichen und stets gut gelaunter Gastgeberin. Und Dank dem unausgesprochenen Verhaltenskodex, der von neugierigem Interesse und großem Respekt füreinander geprägt ist.
Annas Stärke: Verbindungen schaffen!
Entstanden aus der Distanz und dem Verlust von Bindung in den Zeiten der Pandemie, hat sich Annas Blognacht, übrigens schon immer kostenfrei!, zum Klassiker der virtuellen Schreibtreffen entwickelt. Einmal monatlich sitzt eine vorher nicht absehbare Gruppe um 20.30 Uhr mit freudiger Erwartung vor den Monitoren. Wer wird diesmal mit dabei sein? Bekannte oder auch neue Gesichter?
Ich freue mich, Edith, Stephanie, Gabi, Sabine und Angelika wiederzusehen. Und andere Teilnehmende, die ich noch nicht kenne. Mein momentaner Schreibmodus dümpelt dahin. Mangels Ideen. Da ist es gut, dass Anna einen Impuls mitbringt. Diesmal:
"Eine starke Verbindung … "
Oh! Klasse denke ich. Das ist ein schöner Impuls. Ich beginne sofort zu tippen, um genauso schnell wieder aufzuhören. Denn: über was soll ich hier schreiben? Über die äußerst starke Verbindung einer Schraube in einem passenden Dübel? Über die schlechten und unregelmäßigen Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr? Der sich selbstredend damit brüstet, starke Verbindungen, im Sinne von Häufigkeit und Pünktlichkeit, anzubieten? Über die unbestritten sehr starke Verbindung zu meinem Lieblingsmenschen? Oder über die im Nachbarstadtteil beheimatete Studentenverbindung?
Ratlos stütze ich den Kopf auf, schaue in die dunkle Nacht vor meinem Fenster und sinniere. Eine starke Verbindung …
Da fällt mir etwas ein. Bänder und Sehnen haben, normalerweise, eine starke Verbindung. Sie halten unseren Körper zusammen und sorgen für die nötige Stabilität. Soweit mein Physiotherapeut. Meine Bänder und Sehnen scheinen andere Funktionen mehr zu mögen. Vorzugsweise zerreißen sie. Also an meinen Füßen. Ende 2023 geschah dies Links. Im Sommer 2024 machte der rechte Fuß das nach. Warum? Wahrscheinlich wegen fehlender starker Verbindung. Lt. meines Physio leider ein wenig selbstverschuldet. Was dagegen helfen soll: regelmäßige Fußgymnastik. Nun versuch’ ich eine starke Verbindung zu meinen Füßen aufzubauen.
Während ich über meine Füße, Muskel, Sehnen und deren Verbindung nachdenke, drängt sich ein weiterer Gedanke auf. Und zwar ganz schön stark. Mir wird bewusst, dass der Wunsch nach Verbundenheit ein tiefes Grundbedürfnis ist. Und nicht nur zu meinen Füßen. Ist diese Sehnsucht nicht erfüllt, fühle ich mich (um)geknickt und verloren. Deshalb sorge ich für mich. Indem ich mich selbst schätze – ja, das mag ein wenig selbstverliebt klingen, ist aber die Grundbedingung für Verbundenheit – und anderen Menschen wertschätzend begegne. Und, indem ich mir selbst begegne. Sehr gerne in der Meditation. Da möchte ich All-ein-sein. Ja, ich sitze allein auf meinem Kissen und trotzdem, oder gerade deswegen, spüre ich eine tiefe Verbundenheit. Mit mir und der Welt.
„Verbundenheit ist das unsichtbare Band, das uns mit uns selbst, unseren Mitmenschen und der Welt vereint. Ohne sie verkümmern wir, mit ihr blühen wir auf.“
Brené Brown*
Daria ist nun noch mehr verwirrt. Über die deutsche Sprache. Und die so vielfältigen und unterschiedlichen Bedeutungen einzelner Worte. Und doch fühlt sie sich verbunden. Mit uns, der Welt und ihrer Leidenschaft, die Sprache noch besser verstehen zu können.
*Danke, liebe Alexandra Cordes-Guth für Deinen Newsletter, der mir zum richtigen Zeitpunkt dieses wunderbare Zitat lieferte. Wohl auch eine Art von Verbundenheit ...
Hej, Christine
Eigentlich eignet sich deine wunderbare Umschreibung der Blognacht alleine schon als füllender Beitrag!
Aber trotzdem alles Gute für deine Sehnen&Bänder, die sollen sich jetzt mal benehmen!
Grüße aus dem Mausloch
Sabine
Liebe Christine, auch ich spüre noch die Verbundenheit zu dir seit unserer gemeinsamen Schreibauszeit in der Eifel.
Vielleicht hast du es sogar geschafft, meine Vorbehalte gegenüber Online-Aktivitäten zu brechen. Könntest du mir vielleicht die Zugangsdaten zu dem Anna- Blog zukommen lassen???
Mit herzlichen Grüßen
Ingrid
Liebe Christine, danke für deinen Link zu mir. Wir beide haben irgendwie auch schon seit längerer Zeit eine besondere Verbundenheit. Ich freue mich jedenfalls immer, wenn ich dich bei der Blognacht entdecke. Liebe Grüße