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Mach mich glücklich!

Autorenbild: Christine Ubeda CruzChristine Ubeda Cruz

Aktualisiert: vor 5 Tagen

Regenbogenfarbene Illumination auf einem Gehweg


Da ist mir ein Thema einfach so vor die Füße geplumpst. Es geht um die Hoffnung. Ein großes Wort. Oder wird es groß durch unsere zuversichtliche, positive Erwartungshaltung, dass etwas Wünschenswertes eintreten wird? Hoffen dürfen wir - aber ist das sinnvoll? Ich hoffe, ich finde eine Antwort ...


Die Hoffnung ist der Regenbogen über dem herabstürzenden Bach des Lebens

Friedrich Nietzsche



In meinem Bekanntenkreis gibt es Paare, die gefühlt Jahrzehnte gemeinsam durchs Leben mit all seinen Wellen gehen und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, ein großes gemeinsames Glück ausstrahlen. Sie sind mit Freude beisammen und behandeln sich wertschätzend und liebevoll. Und dann gibt es Paare, die in einer Art "Dauer-Zweikampf" miteinander leben. Die sich immer wieder in die gleichen (Streit)Themen verbeißen. Die nicht ohne einander, aber auch irgendwie nicht miteinander leben können. Bei einem Spaziergang stellt eine Bekannte die Frage aller Fragen:



Warum gelingt den einen das Zusammenleben so viel besser als den anderen?


Spannende Frage, auf die ich – ich bin ja keine Paartherapeutin – auch keine fundierte Antwort geben kann.


Aber ich bin eine Lesende. Und als solche fand ich kürzlich in einem der Frankfurter Bücherschränke ein pinkfarbenes Buch mit dem Titel "Miese Stimmung!". Sofort war meine Neugierde geweckt. Stand doch die muntere Farbe des Covers im krassen Kontrast zum aufgedruckten Titel. Ich empfand aber beides genau passend zur momentanen Stimmung, also so im Allgemeinen und in der Welt.


Bei einem leckeren Cappuccino, trinke ich öfter wie aufmerksame Lesende meiner Beiträge sicher schon bemerkt haben, begann ich, in dem Buch zu lesen. Und musste sofort lächeln und nicken. Oder nicken und lächeln. Denn der Autor, Arnold Retzer, Psychologe und Therapeut, traf genau den Nerv der Zeit. Den von 2012, als das Buch erschien, aber auch den heutigen. Retzer hat sich ausführlich mit der Hoffnung beschäftigt. Er meint: Hoffen sei generell in Ordnung. Aber oftmals stellt sich Hoffnung als untauglich für die Realität heraus. Das Ignorieren von Informationen, die Schönfärberei von Situationen, und das Abstellen jeder Vernunft, Retzer nennt es beim Namen: Blödheit! seien gute Voraussetzungen, weiter zu hoffen. Er sagt auch, Hoffnung sei eine notwendige pubertäre Glaubensvorstellung. Wenn man diese jedoch bis ins hohe Alter aufrechterhält, habe man ein ernstes Problem.


Stattdessen plädiert er für eine "resignative Reife“ als Lebenshaltung. Ein Beispiel gefällig? Und damit sind wir dann wieder bei der Frage des "gelingenden Zusammenlebens" meiner Bekannten.


Zwei Menschen kommen zusammen, mögen sich, leben zusammen, manche heiraten. Einer denkt: Was für ein wunderbarer Mensch, ich bin so verliebt. Und das, was noch nicht so gut passt, bekommen wir auch noch hin. So vergeht viel Zeit, das Gegenüber in die gewünschte Richtung zu drängen. Doch die „bedrängte“ Person verbringt die gleiche Zeit damit, sich gegen jegliche  Änderungsversuche zu verteidigen. Die Folge: Endlose Diskussionen. Im schlimmsten Fall Streit. Die Konsequenz: Harmonie und Lebensfreude bleiben auf der Strecke, leider oft auch die Beziehung. Hier könnte die innere Haltung der „resignativen Reife“ helfen.



Hör' auf zu hoffen, dass Dein Partner je so sein wird, wie Du ihn Dir vorstellst.


Sagt Retzer, der Psychologe und Therapeut. Erbost denke ich: Ich soll resignieren? Aufgeben? Das klingt erst mal gar nicht gut. Doch je mehr ich darüber nachdenke, um so entspannter werde ich. Denn wer es schafft, seinen Partner mit seinen Macken zu akzeptieren, muss nicht mehr kämpfen. Und der Partner muss sich nicht mehr verteidigen. Was für eine Erleichterung! Akzeptieren heißt dabei nicht, die Macken des Partners toll zu finden. Viel mehr führt Akzeptanz dazu, aufzuhören Energie in etwas zu stecken, das sich nicht ändern lässt.


Beim zweiten Cappuccino, immer noch im pinkfarbigen Buch lesend und nachdenkend komme ich zu folgenden Erkenntnissen:

  • Ich lebe das Leben mit meinem Lieblingsmenschen, das möglich ist. Punkt!

  • Ich lebe nicht mit der Vorstellung, dass er all meine Bedürfnisse erfüllen muss.

  • Ich freue mich über das, was wir gemeinsam gestalten.

  • Ich arbeite mich nicht (mehr) an Dingen ab, die ich nicht ändern kann.


Und bin so ganz schön glücklich. Ich habe, ganz nebenbei, dank dieses Buchfundes, verstanden, warum unsere Beziehung so ist, wie sie ist. Wir haben offenbar beide ein gutes Maß an „resignativer Reife“. Und sind so, jeder auf seine Art, glücklich.

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