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AutorenbildChristine Ubeda Cruz

Schmoren im eigenen Saft

Oder – was mich durch den Winter bringt? Ein orangefarbener Topf aus Gusseisen.


Pinke Neonschrift "Soulfood"
Im Winter essenziell: Soulfood

Gleich vorweg: Der Winter ist nicht gerade meine liebste Jahreszeit. Nässe, Kälte und vor allem Dunkelheit – sagen wir mal so: Es fällt mir schwer, dafür Begeisterung zu entwickeln. Das Meer flackernder Kerzen und eine kuschelige Decke sind allenfalls ein „Must-have“, aber nie, nimmer so schön, wie ein freundlicher Frühlings- oder Sommertag. Und da auch der saisonale Küchenkalender sich eher dunkelrot, tief grün und sehr erdig präsentiert, sticht in meiner Küche ein großer Topf mit orangefarbenem Farbverlauf ins Auge. Groß ist er. Schwer wiegt er. Und ganz schön alt ist er.



Was ist besser? Schmoren in der Sauna oder in der Küche?


Winter ist bei mir Schmorzeit. Gerne mal in der Sauna. Aber noch lieber in der heimischen Küche. Ich halte die winterliche Kälte, Nässe und Dunkelheit nur aus, wenn ich Stunden damit verbringe, Fleisch zu parieren, Gemüse zu schnippeln, tränenden Auges Zwiebeln oder Schalotten fein zu würfeln, sie in zischendem Fett anzubraten, das Gemüse zufüge und dann ein wunderbarer Duft die Küche erfüllt. Ein Schuss Rotwein für den Topf und ein Gläschen für die Köchin sorgen für das wahre „Aufguss-Feeling“. So viel heimeliger als der Mentholduft in der Sauna.


Orangefarbener gusseiserner Topf mit Grünkohl
Oma gusseisernes Vermächtnis. Auch für Grünkohl bestens geeignet.

Dieses wunderbare Gefühl in der Küche erreiche ich „ausschließlich“ mit diesem besagten schweren, orangefarbenen Topf. Und auch nur im Winter. Denn dann öffne ich den Küchenschrank, werfe mich auf die Knie und hole von ganz unten, weit hinten „das schwere Ding“ raus ins winterlich trübe Tageslicht. Geduldig hat er gewartet. Wie jedes Jahr kommt er nun zu seinem Einsatz. Und dann fast durchgängig. Erst mit Beginn der Spargelzeit darf er wieder abtauchen. In sein dunkles Lager ganz unten, weit hinten.



Oma kennt das Leben


Meine Oma hat mir diesen Topf mal geschenkt. Vor sehr, sehr langer Zeit. Sie brauchte ihn nicht mehr. Aber mir würde er weitere Jahrzehnte gute Dienste leisten, meinte sie damals mit einem bedeutungsvollen Lächeln. Und dann stand er im Keller. Im Schrank. Machte mehrere Umzüge mit. Und versank in der Unbedeutsamkeit. Oma wusste: Dieser Topf würde „alles“ überdauern. Ok, ungenutzt wäre seine Chance dazu groß. Danach sah es jedenfalls jahrelang aus. Doch dann entdeckte ich ihn wieder. Und sein Potenzial.


Winterzeit ist Schmortopfzeit. Jetzt darf er ran. Und uns, liebe Freunde und Familie, souverän durch die kalte Jahreszeit begleiten. Unzählige Erbsen-, Linsen- und Gemüseeintöpfe, Schmorbraten, Ossobucco, Gulasch, Coq au vin und Couscous, schmurgeln in ihm und machen hungrige Münder glücklich satt.


Mittlerweile ist ein schwarzer gusseiserner Topf – quasi ein Bruder – bei uns eingezogen. Denn es gab Gerangel. Um den Schmortopf. Immer dann, wenn mein Lieblingsmensch sein sehr leckeres Brot backen wollte. Das gelingt in einem gusseisernen Gefäß nämlich fantastisch. Und so hat jetzt jeder seinen Topf. Mein Schatz den schwarzen, ich den schönen orangefarbenen von Oma. Beide funktionieren übrigens ganz wunderbar im klassischen Backofen und auf jeder Art von Küchenherd. Und selbst auf urigem Holzfeuer im Garten. Das hat meine Oma immer behauptet. Lächelnd sagte sie immer: „Selbst im Falle eine Zombie-Apokalypse, in Ruinen oder in der Wildnis würde dieser Schmortopf über dem Lagerfeuer hängen und sein Inhalt uns den Glauben an die Zukunft zurückgeben.“ Danke Oma, ich denke, Du wusstest, wovon Du sprachst.


Ich glaube, deshalb hänge ich so an dem alten Topf. In Zeiten, in denen vieles nur zum zeitweisen Gebrauch geeignet ist, zeigt dieses Kochgefäß gusseiserne Beständigkeit. Wie auch die Gerichte, die ich in ihm zubereite. Sämige Eintöpfe, butterzartes Gulasch, safte Hähnchenkeulen – Kindheitserinnerungen an große Sonntags- und Festessen mit Oma und der ganzen Familie. Heute heißt das Soulfood. Und ja, das ist es. Denn Muße, Liebe, gute Zutaten, Zeit und eine Prise Nostalgie nähren in der dunklen Jahreszeit Körper, Geist und Seele.


Noch ist Winter. Und meine Begeisterung für den schweren Topf ungebrochen. Gerade ist mir eine neue Rezeptidee ins Postfach geflattert. Die werde ich in den nächsten Tagen ausprobieren. Schau‘ mal, was Nadine und Jörg von www.eat-this.org wieder leckeres gezaubert haben. Ich freue mich schon auf den heiß dampfenden Shepherd‘s Pie. In diesem Falle vegan, mit einer tollen Knusperkruste on top. Klingt nach Soulfood. Mit Kerzenlicht und Kuscheldecke.



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