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AutorenbildChristine Ubeda Cruz

SCHWEIGEND wie BETON!


Jeden Morgen von Montag bis Freitag zieht Maria in den Kampf.

Ihr Ziel: Ein Büro in einem der hohen Banktürme in der Frankfurter Innenstadt.


Bevor Maria ihre Wohnung am Stadtrand verlässt, rüstete sie sich für den Tag. Und stülpt sich dafür gleich mehrere Panzer über - mentale und gegenständliche!


Gierig schlürft sie unzählige Tassen heißen, schwarzen Kaffee - wach!

Darauf folgt eine ganze Hand voll bunter Drops. Gut - bestens versorgt mit Vitaminen, Mineralien und pharmazeutischen Glücklichmachern.

Schnell noch ein paar Löffel Super-Food-Müsli - das sollte reichen bis zum Nachmittag. Verspricht zumindest der Lifestyle Guru auf ihrer App.


Jetzt fühlt sich Maria schon mal innerlich gut gerüstet. Nun sind die äußeren Schutzschichten dran. Zuerst Haare und Make-up. Es folgt die magische Verwandlung zur „erfolgreichen Business-Frau“. Hier eine Creme, dort eine Ampulle. Etwas Concealer hier, Make-up dort. Rouge, Lidstrich, Wimperntusche - halt das ganze Gedöns um aus einer schönen Frau eine noch schönere zu machen. Ein letzter Check im Spiegel: Top - die Maske sitzt!


Nun der mentale Körper-Schutzpanzer. Heute ist etwas Warmes, das die Haut umschmeichelt, sicher hilfreich. Und nach außen abwehrend wirkt. Fest und hochgeschlossen. Dunkel. Undurchdringlich. Ah, das da. Das ist gut! Jetzt fühlt sie sich einigermaßen gerüstet, für das, was da wahrscheinlich auf sie zukommen wird.


Noch viel, viel lieber hätte Maria zusätzlich den magischen Umhang von Harry Potter, der sie unsichtbar und somit auch nicht angreifbar machen würde.

Es ist nicht die Arbeit, die Maria fürchtet. Nein - die ist gut, spannend und abwechslungsreich. Die beherrscht sie locker. Hat Erfolg. Und freut sich auf Herausforderungen. Mag das Team. Und den Arbeitgeber.


WAS IST PASSIERT?


Nein, es ist Eva. Die früher „beste Büro-Freundin und beste Kollegin“. Mit der sie so wunderbar ratschen und tratschen, zusammenarbeiten, lachen und feixen konnte. Und so herrlich nach der Arbeit ausgehen und feiern konnte. Nur: die Betonung liegt auf KONNTE! - der Vergangenheit.


Jetzt: Nur noch eisiges Schweigen! Seit Wochen redet Eva kein Wort mit Maria. Außer in den Momenten, wenn sie einen ihrer verbalen Pfeile abschießt. Und die treffen. Maria. Sie leidet still. Wundert sich. Hat keine Idee, was geschehen ist. Wie und was falsch gelaufen, passiert ist.

Sie bittet Eva um ein Gespräch. Mehrfach. Fragt. Und prallt ab. Von einer unsichtbaren Wand aus betonhartem Schweigen. Irgendwann herrschte Eva sie an: „Gar nichts ist los. Ich hab viel zu tun. Muss mich konzentrieren.“


Maria ist klar, dass das nur ein Vorwand ist. Sind andere Kolleg:innen im Raum, zwitschert Eva wie immer. Sie lacht und scherzt mit ihrer schillernden Art. Davon war Maria früher mal verzaubert gewesen. Jetzt schon lange nicht mehr. Sie macht sich Gedanken. Wie ist es zu dieser unerträglichen Situation gekommen?


Vor Marias Urlaub waren sie und Eva ein Herz und eine Seele gewesen. Kaum aus dem Urlaub zurück, redet Eva nichts mehr. Schlimmer noch: Sie schikaniert Maria ständig und immer. Oder schweigt. Eisern. Undurchdringlich.


IMMER WIEDER MONTAG - UND HUCH! ALLES IST ANDERS!


Marias Wochenende - eine Qual. Fast depressiv. Mit Herzrasen denkt sie an die bevorstehende Woche. Gemeinsam mit Eva in diesem Büro. In dieser Hölle des Schweigens. In dem Turm in der Frankfurter Innenstadt. Wo man nicht mal ein Fenster öffnen kann. Um die eisige Luft raus zu lassen. Und gute rein.


Als Maria das Büro betritt, einigermaßen gut gerüstet mit ihren innerlichen und äußerlichen Schutzschichten und dem imaginären Harry Potter Umhang, geht (fast) die Sonne auf. Eva begrüßt sie mit einem strahlenden Lächeln. Überrascht grüßt Maria zurück. Mit schiefem Lächeln. Zaghaft. Unsicher.


Im Laufe des Tages stellt sich heraus: Die Eiszeit ist beendet. Die betonharte Schweigewand zerbrochen. Eva hat das heute einfach mal so für sich entschieden. Sie lacht, scherzt und kichert. Wie früher.


Langsam aber sehr vorsichtig taut Maria auf. Die leichte Sommerzeit überdauert die gesamte Arbeitswoche. Maria würde gerne fragen, woher Eva‘s Stimmungswandel- und Verhaltensumschwung kommt. Sie traut sich nicht. Ja nicht anecken. Keine Fehler machen. Nichts provozieren.


Fast beginnt sie, Eva wieder zu trauen. Aber nur fast: Ein gutes Maß an Skepsis bleibt. Sie weiß ja nicht den Grund für Evas Verhalten. Und ahnt: Das kann wieder passieren. Jederzeit.


Etwa drei Woche währt die leichte Sommerzeit. Doch dann, als Maria das Büro nach einem Meeting betritt, ist sie wieder da: Die betonharte Schweigewand.


Sie versucht die unerträglich laute Stille mit Belanglosem zu brechen. Leichte Verzweiflung in der Stimme. Keine Reaktion. Nichts. Abgeprallt am eisigen Schweigen. An der Betonwand.


Maria ist gekränkt. Verletzt. Angeschossen. Aber längst nicht so tief wie beim ersten Mal. Sie hat ihren Schutzpanzer. Ihren Umhang, an dem scheinbar (fast) alles abprallt.


Es folgen weitere Schweige-Wochen. Gelegentlich unterbrochen von kurzen Sommerzeiten. Oder scharfen verbalen Schüssen. Maria gewöhnt sich fast an dieses Gemetzel, diesen Krieg, diesen Psychoterror. Ihrer Devise: „Ich lass‘ mich nicht einwickeln.“


Doch das Ganze geht ihr ordentlich an die Substanz. Sie schläft grottenschlecht. Zermartert sich das Hirn. Grübelt, was die Ursache sei. Warum Eva sich ihr gegenüber so unsäglich und bösartig verhält. Was dieser Psychoterror bezwecken soll. Und wie sie die Situation knacken könnte. Sie leidet. Wie eine getretene Hündin. Angst machte sich Maria breit. Angst vor jedem neuen Arbeitstag. Und Wut. Unbändige Wut.


Rachepläne wabern durch Marias Hirn. Zerfressen ihr Herz. Allabendlich findet sie sich auf ihrem Sofa in der Wohnung am Stadtrand mit blutrünstigen Geschichten konfrontiert. Die Horrorfilme von Netflix und Amazon sind einen Sch**ß gegen ihre die wirren Gedanken in ihrem Kopf. Wie eine Geschwür nisten sich giftige Ideen in ihr ein.


Im Büro endet eine etwas längere Sommerzeit so plötzlich wie sie begonnen hat. Und in Maria passiert etwas. Sie platzt. Eine gewaltige Explosion setzt Splitter in ihr frei, spitz und vielfach verletzend.


WIE WAR DAS WOCHENENDE?


Maria betritt das Büro. Wie immer. Gut gerüstet. „Wie war das Wochenende?“ fragt sie ihr Gegenüber Eva. Keine Antwort. Eisiges Schweigen. Als wäre Eva taub. Oder eine menschliche Puppe.


Maria packt ihren Locher. Den uralten aus schwerem Metall. Umrundet den Schreibtisch. Baut sich direkt vor Eva auf. Steht ganz nah bei ihr. Hält drohend den Locher in der Hand und fragt nochmals: „WIE WAR DAS WOCHENENDE???“ Marias Ton lässt Eva aufsehen. Ihre Augen weiten sich. Sie beginnt zu quicken. Komisch und voller Angst. Sehr hoch. Und sehr laut.


Maria schlägt zu. Mit dem Locher. Mit all ihrer Wut und ihrem Hass. Auf den Kopf. Eva fällt vornüber auf den Schreibtisch. Blut sickert in die Tastatur…


Ein Kollege reist die Tür auf. Aufgeregt wegen des Geschreis. Er sieht Maria. Und dann sieht er Eva. „Was ist hier los?“ ruft er. Weicht entsetzt zurück. Lässt krachend die Tür ins Schloss fallen.


Vorbei! Endlich wieder gute Luft hier - denkt Maria. Und setzt sich an ihren Schreibtisch. Fährt den Computer hoch und beginnt zu arbeiten...






Diese Geschichte ist eine Fiktion und entbehrt jeglicher Realität.


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