Was ist Sinn und Aufgabe eines im Fahrzeug fest verbauten Navigationsgerätes? Es soll den Weg von „A“ nach „B“ zeigen. Ganz klassisch. „Fahren Sie im Kreisverkehr geradeaus und nutzen Sie die dritte Ausfahrt. Biegen Sie in 300m rechts ab in den Libellenweg … Nach 100 Metern haben Sie Ihr Ziel erreicht." So soll es sein. Und so ist es äußerst nützlich. Doch in unserem fahrbaren Untersatz ist das komplett anders.
Im Navigationsgerät steckt eine ordentliche Portion Technik. Was früher die Beifahrerin (meist war das so!) mit Hilfe einer Straßenkarte auf ihren Knien und deutlichen Ansagen richten sollte, übernimmt heute ein technisches System. Das soll, mit Hilfe der Positionsbestimmung - Satellit, GPS - sowie Geoinformationen (z.B. Luft- oder Straßenkarten) die Zielführung zu einem bestimmten Ort ermöglichen. Nun tätigt das elektronische System die Ansagen. Übrigens meist mit einer weiblichen Stimme. Und der Fahrer, die Fahrerin, vertrauen darauf. Fangen nicht an zu zweifeln, zu diskutieren. Sondern fahren. Manchmal auch ans falsche Ziel. Oder ohne weiter nachzudenken. Denn immer wieder finden sich Nachrichten von Fahrzeugen, die in super-engen Gässchen feststecken oder ungewollt eine Innenreinigung im seichten Fluss wahrnehmen …
Die gut ausgestattete Beifahrerin
Es mag vorsintflutlich klingen, aber: Ja, es gab ein Leben vor Smartphones, Navigationsgeräten und Google Maps. Ich erinnere mich gerne an jene Zeiten, in der man für Reisen mit dem Auto tatsächlich Straßenkarten nutzte. Sich vorab am heimatlichen Küchentisch die geplante Strecke schon mal anschaute. Und eventuelle Ausweichrouten checkte. Das war immer mein Job gewesen. Habe ich doch die DNA von Landkarten, Stadtplänen und die ausgefuchste Spezialfaltung der Falk-Pläne quasi mit Muttermilch und Vaterliebe in mir aufgenommen. Ich komme mit den Dingern gut klar. Und doch sahen meine Mitfahrer durchaus manchmal rot. Was nix mit der Ampel - weder der derzeitigen in Berlin, noch der im Verkehr - zu tun hatte. Sondern mit meinen koordinatorischen Schwierigkeiten. „Schatz, nach links!“, rief ich voller Überzeugung. Gesagt - getan. Und wir fuhren zielgerichtet in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Ein hochroter Kopf und blutunterlaufene Augen - „Du siehst, schon wieder ROT!“ - trafen mich mit rotglühenden Blitzen. Und ich reagierte: Uups, „Ich meinte das andere links!“ – und wurde echt sauer. Kennt er mich gar nicht? Wenn ich links sage, meine ich rechts! Das weiß er doch! Nie hört er mir zu!!!
Es spricht wohl für uns, dass wir auch diese Zeiten als Paar gut überstanden haben. Trotz dieser und diverser anderer Absonderlichkeiten …
Prüfungen der Neuzeit
Kürzlich hatten wir mal wieder ‚ne Fahrt vor uns, wo uns nicht klar war, wie wir dort hinkommen. Gut, ich war, natürlich, vorbereitet. Hatte mir die Route im Vorfeld der Fahrt auf Google Maps angeschaut. Mittlerweile nennen wir ein „moderneres“ Fahrzeug mit eingebautem Navi unser eigen. Beschwingt stiegen wir ein und wollten das Ziel in das "Wegfindungs-Ding" eingeben. Aber das Ding wollte nicht. Gut gelaunt fuhr mein Lieblingsmensch los. Und vertraute mir die Aufgabe an, das Ziel zu programmieren. Was technisch kein Hexenwerk ist. Doch irgendwie wollte das Ding nicht so wie ich. Der Fahrer meinte etwas ungehalten „Hast Du dicke Finger? Ist doch ganz einfach, die Zieladresse zu erfassen!“ Ja ist es. Zudem fahren wir mit diesem Auto und dem darin fest verbauten "Navigations-Ding" schon gut zehn Jahre durch die Gegend. Die Dame in der Kiste gibt zwar merkwürdige Anweisungen, wie: „Verlassen Sie die Autobahn …“ wenn man schlicht und ergreifend gerade aus fahren muss, und die A5 sich zur A7 wandelt. Oder sagt: „Halbrechts abbiegen …“ äh, what? Hier gibt es nur rechts oder das andere rechts. An diese, etwas unklaren, Aussagen haben wir uns so halbwegs gewöhnt. Und bisher hat sie uns auch immer ganz gut zum gewünschten Ziel gebracht. Wir fuhren also weiter in Richtung unseres Bestimmungsortes. Ohne Ansagen aus dem "Navi-Ding". Trotzdem zielgerichtet. Dank meiner Ansagen. Denn die grobe Route hatte ich ja im Kopf.
Die Zauberfunktion: Handbremse anziehen
Während der ersten Rast versuchte der Lieblingsmensch, dem "Navigations-Ding" unser Ziel einzuhauchen. Also über den Touchscreen einzugeben. Funktionierte auch bei ihm nicht. Der Mann wurde rot. Ihm wurde heiß. Er schloss die Fenster, startete den Motor und hoffte, dass die Kühlung ihm Erleuchtung bringt. Entschlossen fingerte er weiter an dem "Navi-Schei**-Ding" herum.
Plötzlich kam unser fahrbarer Untersatz ins rollen. Ich sag nur: Parkbucht in den Bergen! Und ich zog die Handbremse. Ein verwunderter Ausruf, glühende Augen. Und auf einmal konnte man das "Wegefindungs-Ding" programmieren. Äh - what? Wirklich? Welchen Zusammenhang hat bitte ein laufender Motor und eine angezogene Handbremse mit dem Navi? Muss man das verstehen?
Wie auch immer, das Ziel war nun erfasst. Weiter ging die Fahrt. Zum Glück mit gelöster Handbremse. Und gelöster Stimmung. Wir kamen gut voran und sicher an unser Ziel. Danke du komisches "Navi-Ding".
Epilog
Vielleicht hat das Navi ein Leben. So wie wir. Von jung und ungestüm zu älter und bedachter? Denn ist es nicht so? Manche Menschen funktionieren auch nur mit angezogener Handbremse. Dann besinnen sie sich. Programmieren sich neu. Lösen die Bremse. Und legen los.
Und vielleicht sitzt da wirklich eine Frau in dem "Wegefindungs-Ding" drin. Mit Karten auf dem Schoß. Und gibt klare Anweisung. Der Meinung ist auf jeden Fall der 6-Jährige Sohn unseres Nachbarn.
Wie auch immer: Wir sind vorbereitet. Zur Sicherheit fahren wir eine Deutschland-Karte im Handschuhfach spazieren. Komplett analog, bunte Linien auf Papier in merkwürdigen Falten. Schon fast antik - das Ding. Erscheinungsdatum: 2003
😊
Ist es nicht faszinierend, immer wieder neue Features an seinem Auto zu entdecken?
Auch ich hab gestaunt, als ich rausgefunden habe, dass unsere Start/Stop Automatik nur bei ausgeschalteten Lüftung funktioniert. Da muss man erstmal draufkommen!
Pures Abenteuer!