In unserer organisierten und so sicher wirkenden Welt, scheint nahezu alles vorherbestimmt. Fast so als ob das, was uns widerfährt, unausweichlich sei. Doch vielleicht sind es gerade Fehler, Pannen oder scheinbare Zufälle, die uns lehren, um „die Ecke“ zu denken und das Unerwartete zu schätzen. Um dann festzustellen, dass es auch anders geht.
Kürzlich im Herbst. Countdown zur Party. Nur noch wenige Tage bis zur großen Feier. Zahlreiche Gäste sind eingeladen. Freuen sich. Die Location steht, das Essen ist ausgewählt und die Getränke kalt gestellt. Unkompliziert und locker soll es werden. Rockig und laut. Eine Band wird live spielen. Feinsten Bluesrock, wahre Klassiker. Die fünf Männer proben. Viel und voller Vorfreude. Dann fährt einer in Urlaub. Kommt drei Tage vor dem großen Ereignis zurück. Und ist – krank!
Wenn Plan A nicht klappt, gibt es noch 25 andere Buchstaben.
Uups – die ganze Planung dahin. Und all die Proben für die Katz’! Was tun? Bluesrock geht nicht ohne Schlagzeug. Wie soll das denn klingen? Unpluged oder was? Hektische Betriebsamkeit macht sich breit. Schafft der Drummer es doch noch, bis zur Party gesund zu werden? Das Risiko möchte keiner so richtig gerne eingehen. Telefondrähte und Serververbindungen glühen. Jeder sagt: „Ich kenn‘ da einen, der kennt einen, der könnte – vielleicht? einspringen.“ Viele Menschen versuchen über sehr viele Kanäle einen Schlagzeuger zu finden. Der verfügbar ist, nach Frankfurt kommen kann und diese Art von Musik spielt. Und ganz nebenbei, für einen privaten Anlass, auch bezahlbar ist! Für eine - noch - ziemlich unbekannte Band. Mitte September scheint dass ein unmögliches Unterfangen zu sein.
Und dann denkt einer wirr um die Ecke. Erinnert sich an Erzählungen, dass in dem Zentrum, in dem die Band probt, eine Schlagzeug-Lehrerin ihre Schüler unterrichtet. Die könnte man doch fragen, ob einer ihrer Lernenden einspringen könnte? Eine verwegene Idee. Zwei Tage vor der Feier. Ohne wirklich Zeit noch miteinander zu proben. Die mögliche Alternative: Eigentlich keine. Außer Musik „vom Band“.
Es gibt keine Zufälle. Es fällt zu, was fällig ist.
Aufgeben ist, jedoch, noch keine Option. Wer weiß, vielleicht wird das Unmögliche ja möglich?! Hoffnungsvoll wird die Schlagzeug-Lehrerin gefragt. Ein Blick auf ihren Kalender reicht aus. Sie nickt, verabschiedet sich von ihrem Schüler und setzt sich ans Schlagzeug der Bluesrock-Band. Schnappt sich die Drumsticks, zählt an und legt los. Und es funktioniert. Sofort. Eine wunderbare Harmonie, ja, auch das gibt es im Bluesrock, ein rasanter Rhythmus und vor allem ein ganz wunderbares Miteinander. Nach einer knappen Stunde sind sich alle Fünf einig: Das war klasse! Am Samstag kann die Band spielen. Mit einer ganz wunderbaren Drummerin!
Die Party war richtig klasse. Genauso wie sich die Gastgeber:innen es sich vorgestellt hatten. Gut gelaunte, feiernde Menschen. Tanzend, lachend und singend. Eine brillant aufspielende Band. Eine äußerst sympathische und dynamische Schlagzeugerin. Und glücklich strahlende Gastgeber:innen.
EPILOG
Spät in der Nacht, nach den ersten gemeinsamen Takten mit der Drummerin, die auch gleich die Generalprobe waren, stellten die Bandmitglieder fest, dass sie eine wahre Koryphäe als Schlagzeugerin gewinnen konnten. Eine Top ausgebildete und sehr engagierte Frau, die in unterschiedlichsten musikalischen Stilrichtungen unterwegs ist und sich sowohl live als auch als Studiomusikerin eine große Bekanntheit erarbeitet hat. Das Wissen darüber steigerte den Puls der vier Hobbymusiker bis zur Belastungsgrenze. Aber auch die Freude. Denn ganz offenbar schätzte und mochte die so spontan hilfsbereite Frau die Qualität der Hobbyband, die Musik und die Männer.
Es fällt zu, was fällig ist. Genau so ist es, liebe Christine.